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Das Glauben

Auf dieser Seite geht es ums Glauben, von der Seite der Opfer betrachtet...
Das Glauben, mehr von der Seite der Macher betrachtet

Glaube * Liebe * Hoffnung

Uta Ranke-Heinemann in der Kurt-Krömer-Show auf die Frage, ob sie eigentlich noch was glaube:

"Glaube, Liebe Hoffnung: Liebe und Hoffnung, die werden bei mir immer mehr, aber glauben: Entweder ich weiß etwas, dann muss ich es nicht glauben. Oder ich weiß etwas nicht, dann muss ich es erst recht nicht glauben. Was soll's also?"

(Mai 2005, sinngemäß aus dem Gedächtnis zitiert)

Ziege oder Einhorn

Es ist eine Sache des einfachen, gesunden Menschenverstandes, dass man um so bessere Begründungen für eine Sache braucht, je mehr diese der Erfahrung widerspricht und je unwahrscheinlicher die Sache ist.

"Wenn Sie mir sagen würden, Sie hätten eine Ziege im Garten, dann würde ich Ihnen glauben. Wenn Sie sagen würden, Sie hätten ein Einhorn im Garten, könnte mich noch nicht einmal ein Foto überzeugen - ich würde nicht eher ruhen, als bis ich es mit eigenen Augen gesehen hätte."
(Martin Gardiner)

Organisierte Religionen sind Vereine zur quasinormalen Verbreitung von abwegigen Ansichten. Unter all den behaupteten Merkwürdigkeiten soll uns dann - nach gelungener Gewöhnung an all den Stuss - ein angebliches Einhorn im Garten so wahrscheinlich vorkommen wie eine Ziege. (Nebenbei bemerkt: Ein derart "trainiertes" Bewusstsein wird sich auch weniger gegen andere, etwa politische Zumutungen wehren...)

Wenn man den üblichen Religionsinhalten Glauben schenkt, dann könnte man genau so gut (= unter Befolgung der selben Grundsätze!) an ein fliegendes Spaghettimonster als Welten-GröFaz glauben...

Das gibt es auch schon: Church of the Flying Spaghetti Monster
Auch hier bei Wikipedia auf Deutsch

Ein netter Scherz, aber mit Konsequenzen (- die freilich nur von Leuten erkannt werden dürften, die es gewöhnt sind, logische Konsequenzen zu beachten...)

Glauben oder Wissen

"Während Glaube im Kern statisch ist, weil er auf angeblich sicheren Glaubenswahrheiten basiert, die nicht angezweifelt werden dürfen, ist Wissenschaft dynamisch, weil sie auf einer Methodologie des Zweifelns beruht, die eine absolute Sicherheit der Erkenntnis von vornherein ausschließt („methodologischer Agnostizismus“). Pointiert und auch ein wenig paradox formuliert: Der Unterschied zwischen den Vertretern des Wissens und den Vertretern des Glaubens besteht darin, dass Wissenschaftler wissen, dass sie nur etwas "glauben" (= für „wahr“ halten), was heute zwar angemessen erscheint, morgen aber möglicherweise schon überholt ist, während Gläubige glauben, etwas zu wissen, was auch morgen noch gültig sein wird, obwohl es in der Regel schon heute widerlegt ist."
(Hervorhebung von mir)

Aus: Michael Schmidt-Salomon, Wissen statt Glauben
Norbert Rohde über Glauben und Wissen

Glaubenmachen: Haupttätigkeit von Schwindlern

"Wenn Gott uns etwas zu sagen hat, dann kann er das sicher klar und eindeutig machen und muss sich nicht der zweifelhaften Methoden wie "Glauben" bedienen, die sonst von Betrügern ebenfalls für ihre dubiosen Zwecke benutzt werden. "Glaubenmachen" ist die Haupttätigkeit von Schwindlern und Betrügern und Täuschern und Blendern. Was für ein Gott soll das sein, der so handelt?"

V. Dittmar, Gedankensplitter

"Glaubt den Führern und den Propheten! Sie wollen das Beste, wenn sie für euch beten..."
(Ihr Bestes.)

Anstiftung zum Glauben

-- Die Gedankenträgheit und das Wunschdenken der breiten Masse für eigene Zwecke missbrauchen.
-- Ein Angebot machen, das man getrost ablehnen sollte.
-- Hinterm Bahnhof mit schlechtem Shit dealen.
-- Verkauf gefälschter Versicherungsverträge.
-- Verführung geistig Minderbemittelter.

Ich glaub' alles oder...?

Beim Glauben habe ich genau zwei Möglichkeiten: Entweder ich glaube alles, oder ich glaube nicht alles. Alles glauben: eine eigentlich unmögliche Sache, schon weil es soviel Unsinn auf der Welt gibt, und weil sich die Glaubensinalte der verschiedenen "Glaubensanbieter" widersprechen! Folglich gibt es, von kompletten Idioten abgesehen, nur Leute, die nicht alles glauben.

Wenn ich aber nicht alles glaube, dann muss ich mich fragen, wie, also: nach welchen Kriterien ich die Entscheidung fälle, ob ich etwas glaube oder nicht. Wenn ich nur der Nase nach entscheide, oder nach der Familientradition, oder wenn ich sonstwie irgendwelchen Schafen oder Hirten hinterhertrotte, bin ich schlichtweg ein Narr. Wenn ich nicht die schärfste mir bekannte kritische Methode anwende, dann habe ich meine menschliche Sorgfaltspflicht bei der Erkenntnisfindung nicht erfüllt. Die Wahrscheinlichkeit einer katastrophalen Fehlentscheidung (Entscheidung für die falsche Religion) ist dann ungefähr "Anzahl der Religionen" zu eins. Eine schlechte Quote. Ewige Verdammnis vorprogrammiert.

Gibt es im christlichen Sündenkanon eine Sünde der Leichtgläubigkeit?

Schönes Beispiel dafür, wie sich ein Christenmensch den Wolf "argumentiert", um den Unterschied zwischen "Glauben" (wie er ihn gut findet) und "Leichtgläubigkeit" zu unterscheiden. Die Unterscheidung kann nicht gelingen.

"Glauben" oder "glauben"??

Manche Wörter haben mehr als eine Bedeutung. Das Wort "Bank" z. B. ist einerseits ein Begriff für eine bestimmte Art von Möbel, auf das man sich setzen kann. Andererseits bezeichnet es ein Institut zur Geldaufbewahrung. "Glauben" ist auch so ein Wort mit verschiedenen Bedeutungen. Die Vertreter der Religion verwischen die Bedeutungsunterschiede gerne, um ihren speziellen Begriff des "Glaubens" mit dem gleichzusetzen, der von vernünftigen Leuten benützt wird, wenn sie (gezwungenermaßen) Vermutungen anstellen müssen, solange sie keine harten Daten haben. Gerne hört man dann von Religiösen Sätze wie: "Siehst Du, alle Menschen müssen glauben!" Um diese tückische Begriffsverwirrung etwas zu entwirren, empfiehlt sich ein sprachkritischer Ansatz, der die Begriffe in ihre semantischen Merkmale (=Bedeutungselemente) zerlegt.

Unterscheiden wir zwischen "GlaubenV", dem vernünftigen Vermuten und "GlaubenR" (dem religiösen "Glauben"). Beispiele:

"Ich glaube, ich bekomme einen Schnupfen." (GlaubenV)
"Ich glaube, morgen gibt es schönes Wetter." (GlaubenV)
"Ich glaube, es gibt einen Gott." (GlaubenR)
"Ich glaube, es gibt 247 Götter, davon 4 Obergötter, und sie alle wohnen auf der erdabgewandten Seite des Mondes." (GlaubenR)

Bedeutungsmerkmale GlaubenV Bedeutungsmerkmale GlaubenR
vorläufig gültig, bis härtere Daten verfügbar sind endgültig, statisch
der Zweifel ist ein gern gesehener Helfer zur Erkenntnis Erkenntnisziel ist vorgegeben, Zweifel werden angstvoll bekämpft
Offen: aufnahmefähig für neue Erkenntnisse Geschlossen: Abwehr gegen neue Erkenntnisse
Änderung wird als Fortschritt begrüßt. Das Loslassenkönnen gehört dazu. Änderung ist angstbesetzt (Häresie, Verteufelung, innere Glaubenskämpfe, das Sichklammern...)
Widersprüchliche Elemente werden aufgenommen (Neugierde) Widersprüchliche Elemente werden verdrängt (Angst)
Ist Teil einer positiven Auseinandersetzung mit Realität Führt zu ängstlichem Ausgrenzen von "unpassender" Realität
Ist Teil eines Prozesses, der zu immer mehr Verständnis der Welt führt Ist Teil eines Prozesses, der den Menschen in seiner Interpretation der Welt erstarren lässt, bis hin zum religiösen Wahn

Man sieht: die beiden Begriffe von "Glauben" sind so unterschiedlich, dass man fast sagen könnte: Religiöses Glauben ist in etwa das Gegenteil von vernünftig vermutendem Glauben. Und man sieht: Religiöses Glauben ist ganz sicher kein empfehlenswerter Erkenntnisweg...
(So eine sprachkritische Untersuchung könnte man noch für ein paar andere religiöse "Spezialbegriffe" durchführen: "Seele" wäre ein Kandidat.)

Ich glaube nur Leuten, für die die Bemerkung, sie seien "fest im Glauben" eine üble Beschimpfung wäre.


Das Intensivglauben: Religion als wahnhafte Neurose

Ganz interessant, was Wikipedia zum Begriff "Glaube" (nicht: Glauben) zu sagen hat

Glauben als Sich-Einreden und Sich-Einreden-Lassen

Wer religiöses Glauben fordert, missbraucht die janusköpfige Fähigkeit von Menschen, sich etwas einzureden, das nicht unbedingt der Realität entspricht. Diese menschliche Tendenz zu leichter Selbsthypnose mag auf den ersten Blick realitätsfeindlich anmuten. Und doch ist sie nicht nur das Opium für hoffnungslose Fälle. Das Sich-Etwas-Einreden kann zur Vorsatzbildung, zur Selbstmotivation in schwierigen Situationen, eventuell zur Rettung in beinahe aussichtslosen Fällen  dienen. Die Evolution hat da ein Verhalten hervorgebracht, das höchstwahrscheinlich in vielen Fällen zum Erfolg verholfen hat.

Aber es ist ein gefährliches Instrument, weil es, - gewissermaßen für den Katastropheneinsatz am Rande der Wirklichkeit entwickelt -, einen Teil der Wirklichkeit negiert, in der Hoffnung, gerade dadurch diese Wirklichkeit positiv zu beeinflussen. Dadurch eignet es sich dazu, von Realitätsleugnern für deren Zwecke missbraucht zu werden.

Beim Missbrauch durch Realitätsverdreher, etwa religiöser Art, zeigt sich der kollektive Aspekt. (Siehe auch hier: "Gemeinschaftserlebnis" ) Denn verknüpft mit der Tendenz, sich etwas einzureden, ist die Neigung, sich von anderen etwas einreden zu lassen, bzw. die Versuchung, dies anderen anzutun. Auch dies ist nicht ausschließlich als Schurkentrick erfunden worden, vielmehr stammt es aus dem - evolutionär betrachtet, durchaus sinnvollen - Bedürfnis von Gruppen, Dinge gemeinsam zu tun. Das faschistoid-archaische Schema ist: In der Gemeinschaft setzen Führerfiguren ihren Machtanspruch dadurch durch, dass sie die anderen Gruppenmitglieder dazu veranlassen, Zustimmung zum Führerwillen zu produzieren. Aber nicht nur, indem sie diesen dulden und ihm zustimmen, sondern indem sie ihn möglichst vollständig internalisieren! Es reicht nicht, zu heulen, wenn der Oberwolf heult. Und es reicht auch nicht, seinen Speichel zu beschnuppern. Nein, er muss geleckt werden, er muß verschluckt werden.

Das religiöse Glauben ist von dieser Art. Esset von meinem Fleisch und trinket von meinem Blut! Lasset euch hypnotisieren von Pfarrern und Predigern, die euch euren eigenen Verstand und euren Willen ausreden und die richtige Ideologie einreden werden. In dem Sinne ist die verbreitete Praxis der Predigt zu verstehen, nämlich als häufig aufzufrischende Propaganda. Das Einreden muss sich nämlich an die Regeln propagandistischer Kommunikation halten. Dazu ist es aus praktischen Gründen notwendig, das Religionsvolk regelmäßig in sogenannten Gottesdiensten zusammenzutreiben, um sie gemeinsam propagandistischem Drill zu unterwerfen.

Glauben als "Kooperation" (Hypnose)

Glauben ist, was bei der Hypnose "Kooperation" genannt wird. Speziell bei Show-Hypnosen fragt man sich manchmal, wie es sein kann, dass derart schnelle und umfassende Bewusstseinsveränderungen möglich sind. Der weit verbreitete Wille zur Kooperation (zur Unterordnung?) scheint das Merkmal zu sein, nach dem erfolgreiche Showhypnotiseure ihre Kandidaten auswählen. Der Erfolg ist immer wieder verblüffend. Kooperation scheint es auch zu sein, was einen australischen Aboriginal dazu bringt, "freiwillig" zu sterben, wenn der Medizinmann seinen magischen Tötungsknochen auf ihn richtet. Offenbar steckt es tief in uns: Wir sind auch Herdentiere, Kooperation mit der Gruppe, und das hieß immer auch: Unterwerfung unter Alphamenschen, ist etwas, womit bei uns "gespielt" werden kann...


Auch wenn nicht...

Der Physiker Pauli besuchte Niels Bohr einmal in dessen Landhaus und sah, dass er ein Hufeisen über der Tür hängen hatte. 'Professor!' sagte er,' Sie? Ein Hufeisen? Glauben Sie denn an so etwas?' Worauf Bohr antwortete: 'Natürlich nicht. Aber wissen Sie, Herr Pauli, es soll einem auch helfen, wenn man nicht daran glaubt.'

Unsinn entlarven

Es gibt "gott"seidank eine Anzahl guter Methoden, Unsinn zu entlarven. Auf Volker Dittmars Internetseite kann man eine gute Zusammenfassung hierzu lesen:

Wie man Unsinn entlarvt

Glauben als Loyalität

Glauben im religiösen Sinn ist Zwang zur Loyalität gegenüber einer Ideologie und seinen Vertretern. Die Frage nach dem Richtig oder Falsch verkommt zur Aufforderung zuzustimmen. Religionsgemeinschaften funktionieren in dieser Beziehung wie Banden von Fußballhooligans: Hauptsache man schwenkt die Fahne für die richtige Seite, Hauptsache man ist eindeutiges Mitglied und gegen die anderen. Hauptsache man wetzt seinen Arsch oft genug auf der richtigen Kirchenbank. Wer Loyalität glaubhaft signalisiert ist immer auf der sicheren Seite.

Glauben ist ein Gewaltinstrument

Religiöses Glauben ist nicht nur etwas Geistiges (sozusagen beliebig und konsequenzlos in der Luft Herumschwebendes), sondern auch etwas Massiv-Praktisches. Religiöses Glauben ist etwas, womit man Menschen Gewalt antut, indem man sie ihrer geistigen Freiheit beraubt. Und das geschieht in den seltensten Fällen zweckfrei. In der Regel kann man an bestimmten typischen Merkmalen erkennen, welchen Menschen bzw. Gruppen dies von Nutzen ist. Es sind die, die hinfort die teuren Kleider tragen, die dicken Autos fahren, in den schöneren Häusern wohnen und bestimmen, was andere zu denken, zu fühlen und zu tun haben. Glauben ist politisch.

Glauben und Unfreiheit

Ubi dubium, ibi libertas
Wo der Zweifel ist, da ist die Freiheit.

(Lateinisches Sprichwort)

Planschbecken der Fantasie

Religiös Glaubende ähneln häufig Kleinkindern, die naiv im Planschbecken ihrer(?) eingespritzten(!) Fantasien herumpaddeln. Für Kinder verständlich, aber bei Erwachsenen? Ist das nicht Abwesenheit von geistiger Disziplin, von realistischer Haltung? Katholischer Weltjugendtag: Wir lieben uns doch alle - irgendwie - oder so, lalala...

Die wirkliche Welt aber ist kein Planschbecken für Denkfaule, hier muss man schwimmen.

(Im Land der Haifische lernt jedes kleine Fischlein schon in der Schule, dass unbekümmertes Herumplanschen eine Tugend sei. Allerdings eine Tugend nicht im eigenen Interesse...
Lesen: Brecht, Wenn die Haifische Menschen wären)

Glauben = Daumenlutschen?

Im Spiegel 48/2006 (s. 206) kam ein netter Artikel über (erwachsene) Daumenlutscher. Es scheint sich da um eine recht große Gruppe zu handeln. Mit der Frage im Hinterkopf, ob Gläubige "wirklich" glauben was sie glauben, und wenn ja, warum, fielen mir ein paar Parallelen auf:

Es handelt sich vermutlich um regressives Verhalten: Tröstende und beruhigende Handlungen aus der Kindheit werden wieder aufgegriffen, wenn Stress droht. (Eine Art Zurückfallen in Verhaltensweisen, an die man sich als früher erfolgreich erinnert.) Beim religiösen Glauben liegt das ja auch auf der Hand: Das Tröstende, das im Rückfall in eine Kinderrolle liegt: "So ihr nicht werdet wie die Kindlein...", der GottVATER, die GottesMUTTER, das GottesKIND, usw., dazu hat der alte Freud sich schon ausgebreitet... Auch das Abgeben der kognitiven Kontrolle an religiöse "Vordenker", heilige Schriften, Dogmen sowie das Abgeben der moralischen Verantwortung zugunsten religiöser Gebote - all dies weist in die Richtung einer infantilen Rolle. Dass dies von einer entspannten Glückseligkeit begleitet wird, wird von Gläubigen gelegentlich in schwärmerischen Tönen gepriesen. Es ist wohl erlaubt, hier von "regressiver Glückseligkeit" zu reden.

Man kann beides auch als eine Art Impulskontrollstörung sehen. Es besteht eine Art Zwang, auf gewisse Weise zu handeln und zu denken, OBWOHL man EIGENTLICH weiß, dass das falsch oder unangemessen ist. Es ist bekannt, dass falsche Kausalzuweisungen zu Gottesvorstellungen führen Können (aber nicht müssen). Grund: So, wie wir sind (und in unserer Evolution werden mussten!), haben wir den starken Impuls, solche Zusammenhänge zu entdecken, sogar wenn sie gar nicht existieren. Dieser Impuls ist gerne mal "übermotiviert", und muss dann rational kontrolliert werden. Diese Kontrolle kann allerdings auch versagen. Wenn sie es tut, haben wir eine Art Impulskontrollstörung. Vielleicht vergleichbar mit optischen Täuschungen, wo sich unser Hirn auch sträubt, Wahrheiten anzuerkennen, selbst wenn wir sie mehrfach geprüft haben.

Dann gibt es noch diesen Zusammenhang mit Suchtverhalten bei Drogenabhängigen. Dass religiöses Glauben Drogeneigenschaften hat (bzw. haben kann), ist schon viel beschrieben worden. Ebenso bei Daumenlutschen. Zitat eines Betroffenen aus dem o. g. Spiegelartikel: "Ich werde unausstehlich, wenn ich meinen Daumen nicht benutzen kann, ich kriege richtig Entzugserscheinungen."

Auf den ersten Blick erscheint es vielleicht arg humoristisch, so etwas "Großes", gesellschaftlich Etabliertes wie die Religionsausübung ausgerechnet mit Daumenlutschen zu vergleichen.
Welche Rolle spielt denn dann der Papst?
Was ist dann ein sog. "Gottesdienst"??
Was sind dann diese religiösen "Errungenschaften des Abendlands?"
Aber mir scheint, da ist doch was dran...

Hat so eine Sichtweise Konsequenzen?

Eine Konsequenz ist, dass Gläubige bei der Frage nach der "Verrücktheit" des Glaubens eine Art Zwischenstellung bekommen. Sie sind nicht "verrückt", ebenso wenig wie ein erwachsener Daumenlutscher "verrückt" ist. Andererseits: So ganz und gar "gesund" scheint mir ein solches Verhalten auch nicht zu sein.

Es stellt sich die Frage, ob Glauben als Fürwahrhalten, als wie immer seltsame, aber doch "Einsicht" überhaupt der richtige Ansatz zur Betrachtung des Phänomens ist. Wenn religiöses Glauben eine Art Daumenlutschen ist, dann ist er eigentlich kein kognitives Phänomen sondern eher ein gewohnheitsmäßiges, der Verbesserung des seelischen Wohlbefindens dienendes Verhalten, bei dem z. B. "Wahrheit" allenfalls eine minder wichtige Beigabe wäre. Das trifft sich mit meinen Beobachtungen, dass Gläubige häufig "nicht so richtig glauben", dass es ihnen aber offenbar nichts ausmacht. Es scheint den Gesamtzusammenhang kaum zu stören...

Eine weitere Konsequenz wäre, dass die "Therapie des religiösen Glaubens" nicht einfach kognitiv sein dürfte. Nicht Aufklärung allein wäre dann erfolgversprechend sondern eher so etwas wie eine kognitive Verhaltenstherapie, evtl. mit tiefenpsychologisch-analytischen Anteilen...

Kundenbindung

Religiöses Glauben ähnelt dem, was in der Vermarktung von Verbrauchsgütern "Kundenbindung" genannt wird. Die Hersteller stehen vor dem Problem, dass ihre Produkte denen der Konkurrenz häufig so ähnlich sind, dass sie im Grunde austauschbar sind. Also versuchen sie mit allerhand Firlefanzaktionen (d. h. mit erheblichem Propagandaaufwand!) zu erreichen, dass der Kunde auf ihre Marke und nur auf diese steht. Genauso ist es mit den religiösen Glaubensprodukten. Inhaltlich sind sie eigentlich nach Geschmackskriterien austauschbar. Andererseits konkurrieren sie vehement miteinander. Meist kann der Religionskunde garnicht wirklich begründen, warum er diesem und nicht einem anderen Glauben den Vorzug gibt. (Er kennt ja meistens nicht mal seinen, geschweige denn die anderen.)

Mal was anderes glauben

Den Gläubigen möchte man empfehlen, mal zur Abwechslung was anderes zu glauben. Es gibt so viele Religionen, die alle irgendetwas Attraktives an sich haben. Nicht immer nur dem gleichen ollen Pfarrer, Prediger oder Imam glauben. Die, die etwas anderes glauben, sind mit dem selben Recht von ihrem Glauben überzeugt. Ihre Religion ist anders, aber auch nicht schlechter als die eigene. Etwas Abwechslung bitte, etwas mehr Offenheit gegenüber den Religionsprodukten auf dem globalen Markt der Glaubensangebote!

Das ist das Mrityunjaya Mantra der Hindus. Nina Hagen singt es wunderschön:
hier anzuhören

Zur weiteren Anregung hier nur eine kleine Auswahl bekannter Götter, alphabetisch von Aa... bis Ab...:

Aa: ägyptischer Schöpfergott
Aah: ägyptischer Mondgott
Aa sefsef: ägyptischer Gott
Abaasy: sibirischer, bösartiger Gott
Abbau ~ Abba: sumerischer Vegetationsgott (Eltern: Enki & Ninharsag)
Abeh: Gottheit
Abellio: gallisch/keltischer, örtlicher Lokalgott
Abhimanyu: indischer Gott (Mutter: Subhadrä)
Ab-Muzen-Cab: mexikanischer Bienengott
Abnoba ~ Diana: keltische Göttin des Schwarzwaldes, Herrin großer Waldgebiete (beschützt Wild und Quellen)
Abobe: zyprischer Gott
Abora: spanisch/kanarischer Himmelsgott der Sterne
Abraxas: gnostischer Gott
Abrathabrasax: Gottheit
Abu ~ Abum: sumerischer Vegetationsgott (Eltern: Enki & Ninharsag)
Abundàntia: römische Göttin

Aus http://www.goetter-der-welt.de, einem Internet-Götterlexikon...

Das bedrohte Glauben

Das religiöse Glauben als billige Methode zur Gewinnung von "Gewissheit" hat anscheinend einen großen Wirkungsgrad (wenig Aufwand, viel vermeintlicher Gewinn). Aber es ist permanent bedroht und bildet daher selbst eine permanente Bedrohung.

Erstens ist religiöses Glauben durch wachsendes Wissen bedroht: Sowohl in der Entwicklung der Menschheit als auch in der des Individuums vermehrt sich das Wissen. Dabei wird es nicht ausbleiben, dass dieses Wissen mit dem eingeprägten Glauben in Konflikt gerät. Das Anwachsen des Wissens zu vermeiden war daher auch regelmäßig ein Anliegen religiöser Macht.
Galileis Schicksal ist ein Beispiel für dieses Bestreben im Rahmen der Menschheitsentwicklung. Der nachhaltige Paradigmenwechsel vom mythologischen zum wissenschaftlichen Weltbild ist offensichtlich. Er bewirkt, dass das religiöse Glauben ständig weiter an die Peripherie gedrängt wird.
Was die individuelle Persönlichkeitsentwicklung der Menschen betrifft, ist religiöse Erziehung (wo immer sie stattfindet) das Schlachtfeld, auf dem sich die Bedrohung durch wachsendes Wissen und deren Abwehr konkretisiert.

Zweitens ist religiöses Glauben durch eigene Zweifel bedroht: Religiöse, die nicht "völlig weggetreten" sind, leiden sämtlich unter Störungen ihrer Glaubensgewissheiten durch sporadisch auftretende Impulse der Vernunft. Misstrauisch statt leichtgläubig zu sein ist ein lebenserhaltender Impuls, ein höchst begründeter "ewiger" Wert in der Evolution der Lebewesen! Die Kritikbereitschaft ist daher zumindest im Ansatz eine zentrale menschliche Qualität. Sie verträgt sich jedoch schlecht mit dem religiösen Glauben. So muss ein permanenter Konflikt entstehen.

Drittens entsteht eine permanente Bedrohung religiösen Glaubens durch das soziale Umfeld: Eine "Glaubensharmonisierung" eines gesamten Kollektivs ist kaum zu schaffen. Es ergeben sich diverse Konflikte durch den "Blick zum Nachbarn". Da der Mensch ein Kommunikationstier ist, bleiben die Unterschiede nicht verborgen. Das Individuum "fängt sich widersprüchliche Ideologie-Elemente ein" wie Viren oder Bakterien, und diese geraten in Konflikt mit dem Abwehrsystem des eigenen Weltbilds. Je mehr der Wissensmangel einer Religion sich in Intoleranz ausdrückt, desto heftiger ("fiebriger") werden diese Glaubenskämpfe. Die Diversifikation der Muttereligionen in Splittergruppen (Sekten) verschärft die Situation zusätzlich.

...

Aus dieser Bedrohung folgt die latente Aggressionsbereitschaft von Religionen, die auf das Glauben setzen. Also praktisch fast aller Religionen. Sie enthält einen Erklärungsansatz für die Frage, warum von den religiös Glaubenden eine solch große Bereitschaft zu Unterdrückung, Mord, Krieg usw. ausgeht. Hier liegt vielleicht der Hauptgrund für die Intoleranz fast aller religiöser Gesellschaften. Religiöses Glauben bedeutet Krieg, und zwar nicht deshalb, weil es von Politikern missbraucht würde, sondern aus sich selbst, aus dem eigenen inneren So-Sein heraus.

Das Glauben und geistige Ökonomie

Herr L. wurde einmal gefragt, was er vom Glauben halte, schließlich könne man ja nicht alles wissen, und so sei es doch eine Frage der geistigen Ökonomie, bestimmte Dinge einfach zu glauben.

Herr L. antwortete: Es stimmt, dass man nicht alles wissen kann. Aber gerade deshalb wäre es falsch, alles zu glauben, oder auch nur alles zu glauben, was man über das Unbekannte erzählt bekommt. Vielmehr müsste man sich dann genau überlegen, was und wem man glauben kann und was und wem nicht. Das aber wäre bereits eine mächtige Anstrengung des Versuchs zu wissen! Und ein sehr komplizierter dazu, denn man müsste ja wissen, ob der, dem man eventuell glauben will, überhaupt Bescheid weiß über das, was er mich glauben machen will. Ferner wäre es notwendig zu wissen, ob derjenige vielleicht lügt, also: in welcher Interessenlage der sich befindet und ob er ehrlich ist, ob er vielleicht durch eine Situation zum Lügen gezwungen ist, welchen Gewinn er sich eventuell von einer Lüge verspricht, welche Folgeprodukte er mir vielleicht zusammen mit seinem Glauben verkaufen will. Auch könnte der, dem zu glauben ich mich anschicke, auf irgendeine Weise verrückt sein, so dass er ohne böswillige Absicht und ohne es zu wissen die Unwahrheit erzählt, usw...

Kurz gesagt: Wollte man sich mit all den für eine Beurteilung der Glaub-Würdigkeit unbedingt notwendigen Fragen auch nur einigermaßen ernsthaft beschäftigen, dann wäre es wohl meistens besser (im Sinne geistiger Ökonomie), das Glauben ganz aufzugeben und sich von vornherein mit dem lohnenderen Ziel, dem Erwerb von Wissen zu beschäftigen.

(Einen gewissen Sinn des Glaubens - vom Standpunkt geistiger Ökonomie - sehe er noch bei Leuten, in deren Gehirnen es sowieso nur breiiges Chaos und die Unfähigkeit oder den Unwillen zur Unterscheidung zwischen richtig und falsch gebe. Für diese sei es eventuell bequemer, wenn sie, bevor sie sich selbst unter Mühen irgendeinen Unfug erdächten, einer zu ihnen passenden Verkündigung folgten. In diesem Fall sehe er allerdings immer noch eine Gefahr im Prinzip des Glaubens. Denn durch Gleichschaltung vieler Glaubender - etwa zum Zwecke des Kriegs gegen Menschen anderen Glaubens - könne erfahrungsgemäß großes Unglück entstehen. Da sei es ihm dann noch lieber, jeder kochte seinen eigenen Brei.)

(Malcolm Brechtel, Geschichten vom Herrn L.)

Rolle des Autoritären


Der euch den kleinen Wahn eingetrieben hat, ist das derselbe, der euch gelegentlich mit dem Stock den Hintern versohlt hat? Wenn der euch in der prügelfreien Zeit etwas erzählt hätte vom rosaroten Hoppelhasen hinterm Mond, dem Hasen, der, wie jeder wisse, die Welt gemacht habe: Würdet ihr euch dann heute zu den Anhängern der Hoppelhasen-Religion zählen?

Münchhausen-Trilemma


Es gibt keine Letztbegründung und keine erreichbare absolute Wahrheit, jedes Denken gründet letztlich auf Unbegründbarem, jedes Denken landet letztlich im Sumpf / Abenteuerland der Letztbegründungsversuche. Realerweise hören wir aber irgendwann auf mit Begründungen der Begründungen der Begründungen... und bleiben bei "Dogmen" stehen. Jede Begründung (, die wirklich eine ist,) lässt sich kritisieren.

Kann man also glauben, was man will, bzw. was irgendwelche Pfaffen wollen, dass man es glaube? Nein, die Vernunft muss sich zwar immer auf etwas gründen, was außerhalb der Vernunft liegt. Z. B. auf Fakten, die vielleicht nicht sicher, aber zumindest wahrscheinlich sind und die nicht im Widerspruch zur allgemeinen menschlichen Erfahrung stehen. Das ist nicht beliebig.

V. Dittmar, Das Münchhausen-Trilemma
M. Schmidt-Salomon, Das "Münchhausentrilemma" oder: Ist es möglich, sich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen?