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Droge Religion

Der Religiöse greift zu seinem Glauben wie der Junkie zu seiner Droge. Der Junkie glaubt an seine Droge. Der Religiöse spritzt sich Religion...

Gott ist eine von Menschen geschaffene geistige Droge; viele betreiben Mißbrauch mit ihr, nur wenige können vernünftig damit umgehen, noch wenigere können sie entbehren. Ist es nicht kriminell, bereits Kindern eine Droge zugänglich zu machen, nur weil die Eltern selbst abhängig sind?

Rudolf Kuhr

Wesen der Droge

Das Wesen jeder Droge ist, dass sie in der Anfangsphase ein leichter Ausweg aus einer misslichen Gefühlslage zu sein scheint, dann aber recht bald das Elend selbst zu produzieren beginnt, aus dem heraus sie dann wiederum der Ausweg sein muss. Hierdurch ergibt sich ein Circulus Vitiosus, ein sich selbst in Gang haltender Teufelskreis aus rhythmischen Wiederholungen von Elendsphasen mit anschließender "Selbsthilfe" durch den Drogenkonsum.
Religion und Angst
Dabei ist charakteristisch, dass gerade durch den Drogenkonsum die ursprünglich vorhandenen gesunden Mechanismen des Betroffenen immer mehr geschwächt werden. Die Fähigkeiten zur Selbsthilfe mit "normalen Mitteln" verschwinden in dem Maße, wie sich der Drogenkonsument zunehmend an den "leichten" Weg der Droge gewöhnt. Dadurch wiederum wird diese immer dringender benötigt. Gleichzeitig aber wird deren "Nutzen" durch die eintretende Gewöhnung des Organismus immer schwächer.
Die Konsequenz ist ein elend dahingeschlepptes Leben in Abhängigkeit von der Droge. Diese stellt hinfort den Lebensmittelpunkt dar, für diese verzichtet der Abhängige auf alle anderen Elemente eines einigermaßen erfüllten Lebens...

Religion als Opium und als Heiligenschein

"Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.
...
Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über einen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist."

(Karl Marx, Zur Kritik der Hegel'schen Rechtsphilosophie, Einleitung)

High sein - frei sein

Ich hatte schon öfter den Verdacht, dass etliche fromme Christen diese Strategie haben: Bekifft leben, dann am Schluss - ohne vorher aufzuwachen - abtreten.

Und in der Tat, die Rechnung könnte ja aufgehen: Sich was Nettes zusammenglauben, das ist zu schaffen. Dann irgendwann sterben. Wenn es nicht gestimmt hat, merkt man nix mehr davon. Und wenn man dann doch tatsächlich im Himmel erwacht, umso schöner...

Das ist die Hoffnung des Junkies: High sein bis zum "Abwinken". Das Leben ein einziger langer goldener Schuss. Also nie leiden müssen.

Andererseits: Bei der Betrachtung frommer Menschen beschleicht mich oft die Ahnung, dass die doch schon zu Lebzeiten leiden. Ganz wie die armen Teufel im Drogenmilieu. Dauernd high sein, das schafft man eben einfach nicht. Es gibt garstige Löcher in der rosaroten Wolke. Das ist offenbar die Rache der Wirklichkeit an ihren Feinden.

Kalter Entzug

Eine Situation, in der den Religions-Junkies ihre Droge plötzlich entzogen wird, ist deshalb kaum zu erwarten, weil deren endgültige Unwirksamkeit sich ja erst nach dem Tode so richtig herausstellen würde... Es gibt solche Fälle von kaltem Entzug aber doch:

Im Jahr 1960 starb der neuapostolische Stammapostel Bischoff, nachdem er jahrelang verkündet hatte, der Herr habe ihm zugesagt, ihn "zu Lebzeiten zu sich zu nehmen". Es folgten einige Wochen der Verzweiflung ("Entzugserscheinungen"), die ich als Kind miterleben zu dürfen das zweifelhafte Vergnügen hatte: Wild gestikulierende und schluchzende gestandene Männer in Sonntagsanzügen, hinausrennende Prediger, usw... In der Folge verließen einige Mitglieder die Gemeinschaft (wurden "clean" oder suchten sich eine andere Droge - es gibt ja ein großes Angebot). Weitaus die meisten fanden einen Dreh zur Reaktivierung der Wirksamkeit ihrer Droge und blieben.
(Der Dreh: Man unterstellte Gott eine plötzliche Willensänderung. Es gibt in der Bibel ein Gleichnis vom Herrn, der die Seinen eine Zeit lang verlässt, aber seine baldige Rückkehr verspricht. Dann aber kommt er doch nicht zum versprochenen Zeitpunkt. Zitat: "Und der Herr verzog." (Matth. 25,5: Gleichnis von den Brautjunfern) Dieses kleine Bibelzitat reichte völlig aus...)
neuapostolischer GAU